REVIEW
The Walking Dead: Episode 1
Armer Lee Everett. Ist er doch auf dem
Weg in ein Gefängnis um eine längere Haftstrafe anzutreten. Doch
glücklicherweise kommt es zu einem Zwischenfall, der ihn vor diesem
Schicksal bewahrt: Nämlich die Zombie-Apokalypse, die Auferstehung
der lebenden Toten! Da hört Lee's Glück auch schon auf und wir
befinden uns in der Welt von The Walking Dead, einer Comicbuchreihe, die
inzwischen zu einer hervorragenden Fernsehserie umgesetzt wurde,
welche im Herbst in ihre bereits dritte Staffel geht. Nun also die
Versoftung der ganzen Geschichte.
Manchmal braucht es eben einen Weltuntergang... |
Ein Adventure
Wer jetzt aber ein splattertriefendes,
actionlastiges Zombiegemetzel à la Dead Rising oder Left 4 Dead
erwartet, kennt sich in der Zombiewelt des Schöpfers Robert Kirkman
nicht sehr gut aus. Denn mit der Umsetzung des Stoffes wurden die
Point & Click / Adventure-Spezialisten Telltale Games beauftragt,
welche sich mit Titeln wie Sam & Max, Back to the Future: The
Game und Jurassic Park: The Game einen Namen gemacht haben. Und so
geht es in der ersten Episode, der auf fünf Folgen angelegten
Spieleserie, nicht um das Scharmützel mit Horden von Untoten per se,
sondern, genau wie im Ursprungsmaterial, in erster Linie um das
Sozialverhalten in einer wild zusammengewürfelten Gruppe Menschen,
welche alle einzig allein ein gemeinsames Ziel verfolgen: Überleben.
Das kleine Mädchen Clementine wird euer ständiger Begleiter. |
Entscheidungen und Konsequenzen
Ihr werdet im Verlauf der zweieinhalb
bis drei Stunden dauernden Kampagne nicht nur Zombies killen, sondern
vor allem Gespräche führen und Entscheidungen treffen.
Entscheidungen und Konsequenzen sind nämlich das zentrale
Gameplayelement. Oft müsst ihr eine unbequeme Wahl treffen, welche
den Verlauf der Geschichte maßgeblich, und wie Telltale verspricht
durch die ganze Staffel hindurch, beeinträchtigt und verändert. Ich
möchte nicht spoilern, aber eben diese Situationen sind wirklich
grandios in Szene gesetzt und liefern einen hohen Wiederspielwert, da
ihr euch fragen werdet „Was wäre wenn...“ Aber lasst euch nicht
zu lange Zeit, da ihr diese Entscheidungen immer vor Ablauf eines
relativ schnell abnehmenden Balkens treffen müsst.
Zum Gameplay
Zum eigentlichen Gameplay: Ihr steuert
Lee's Bewegungen mit dem linken Stick und mit dem rechten Stick eine
Art Cursor. Wenn ihr diesen über ein interaktionsfähiges Objekt
oder einen NPC führt, habt ihr mit den Facebuttons die Möglichkeit
verschiedene kontextsensitive Aktionen, wie Untersuchen, Aufnehmen,
Angreifen, Sprechen, etc. auszuführen. Die Kamera ist dabei zwar
immer fix, was aber in keiner Situation zu einem Problem wird. Ganz
Adventuretypisch präsentieren sich die Rätsel. Hier müssen mal
Batterien zum Betrieb eines Radios gesucht werden, da fehlt ein
Schlüssel zu einer geschlossenen Tür, ein anderes Mal muss ein Weg
gefunden werden mehrere Zombies gleichzeitig auszuschalten ohne
Aufmerksamkeit zu erregen. Sie sind größtenteils logisch, aber wohl
keine allzu große Herausforderung.
Lee muss oft einen Weg finden sich gegen die Untoten zu wehren. |
Für Fans
Ohnehin dreht sich bei The Walking Dead
alles um die Geschichte, die Charaktere und ihre Beziehung
zueinander. Das ist der Sellingpoint und hier zeigt das Spiel seine
ganz große Stärke. Die glaubhafte Entwicklung der Personen, die
unterschiedlicher kaum sein können, ist wirklich auf den Punkt
gebracht und steht dem Serienvorbild in nichts nach. Fans der Serie
fühlen sich hier gleich zu Hause, da alles das richtige Feeling,
sozusagen den Vibe der Vorlage hat. Man merkt einfach das Kirkman in
der Gestaltung involviert ist. Nicht zuletzt die Cameo-Auftritte von
bekannten Serienprotagonisten, verleihen der gesamten Geschichte
Kontinuität und die Credibility eigenständig im Walking Dead
Universum zu existieren.
Zur Technik
Technisch kann man auch nicht viel
meckern. Der Comicstil der stark an das Original erinnert ist, wie ich
finde, sehr gelungen. Hier und da ruckelt es manchmal und Lee's
Animationen in der Bewegung sind etwas steif. Aber ansonsten ist es
ein hübsch anzusehendes Spiel, natürlich garniert mit dem gewissen
Gorefaktor, der in einem Zombiespiel einfach nicht fehlen darf.
Links seht ihr eure Gegenstände, rechts den Cursor. |
Und was ist mit Deutschland?
Tatsächlich scheint derzeit kein
deutscher Release auf XBOX LIVE geplant zu sein. Ich selbst zog mir
den Titel gestern über den AT Marktplatz. Das Spiel ist komplett in
englisch, also nicht einmal deutsche Untertitel. Sicher gibt es
explizite Darstellung, aber da diese durch den Comicstil gemildert
werden, finde ich es schon arg übertrieben es gar nicht zu
veröffentlichen. Eine „Ab 18“ Einstufung wäre in meinen Augen
vollkommen ausreichend. So bleibt interessierten deutschen Gamern im
Moment nur die Möglichkeit auf die PSN oder die STEAM Version
auszuweichen.
FAZIT
Ein Adventuregame von Telltale mit
Zombies? Ein Walking Dead Spiel als Arcadetitel? Ich gebe zu, dass
ich anfangs skeptisch war, da Point & Click nicht zu meinen
liebsten Genres gehört. Als ich über die Entscheidungen und
Konsequenzen erfahren und die ersten Trailer gesehen habe, war ich,
zumal als riesiger Walking Dead Fan, ziemlich angefixt. Das Spiel
trifft einfach diesen Ton der Vorlage perfekt. Schade nur, dass es so
schnell zu Ende ist und man auf die nächste Episode warten muss. Ich
bin schon jetzt sehr gespannt wie es weitergeht und wie vor allem
meine Entscheidungen in zukünftigen Folgen eine Rolle spielen. Wer
lieber ein actionlastiges Zombiegemetzel sucht, ist freilich bei
anderen Spielen besser aufgehoben, aber ich habe diesen Ausflug in
die Welt der lebenden Toten sehr genossen, da es sich inhaltlich, wie
spielerisch von der Masse abhebt.
WERTUNG: 8 / 10
Titel: The Walking Dead: Episode 1
Jahr: 2012
Developer: Telltale Games
Getestete Version: XBOX LIVE (AT)
Preis: 400 MS-Points (ca. 5,00 €)