Sonntag, 27. Mai 2012

REVIEW: Max Payne 3


REVIEW


Max Payne 3



„The way I see it there’s two types of people, those who spend their lives trying to build a future and those who spend their lives trying to rebuild the past. For too long I’d be stuck in between, hidden in the dark. What was I really doing walking in there with my bad haircut and ridiculous shirt?“ ~Max Payne

Fast neun Jahre ist es her, seit Max Payne seine selbstzerstörerische zynische Ader ausleben durfte. Und diese Jahre sieht man ihm auch an. Geplagt von Trauer, Schuldgefühlen, Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit fristet er sein jämmerliches Dasein in New York. Doch das Schicksal meint es gut mit Max. Und so verschlägt es unseren Film noir-Helden als Bodyguard einer gutsituierten Familie, in seinem neuen Abenteuer ins sonnige Sao Paulo, Brasilien. Doch Max Payne wäre nicht Max Payne, wenn der Ärger in nicht auch über die Grenzen hinweg folgen würde und so dauert es nicht lange bis wieder die Hölle über ihn hereinbricht.


Film noir und die Sonne


Rockstar Games, die sich für die Entwicklung dieses nunmehr dritten Teils der Max Payne Saga verantwortlich zeigen, erzählen eine Geschichte um Verrat, Schuld und Sühne. Natürlich mit einer gehörigen Prise Sex und Gewalt, vor allem Gewalt. Verpackt in die serientypischen Rückblenden, wird das Ganze mit diversen audiovisuellen Effekten dem geneigten Spieler dann vorgetragen. So weit erwartet, doch der Schritt das Setting vom dunklen unwirtlichen New York nach Brasilien zu verlegen, klingt im ersten Moment merkwürdig. Und ja, Max Payne 3 ist deutlicher heller als seine Vorgänger, aber, wie bekannt, das Leben in Sao Paulo hat auch seine Schattenseiten. Nach anfänglicher Skepsis konnte mich der Schauplatz doch überzeugen, da Rockstar beide Seiten einer divergenten Gesellschaft glaubhaft abbildet. Man sieht das überschwengliche Jetset-Leben der brasilianischen Elite genauso wie das elende, harte Dasein in den Favelas.

Die Favelas von Sao Paulo sind klasse in Szene gesetzt.

Mehr Charakterstudie als packende Story


Max selber ist eigentlich die Story. Seiner Entwicklung als Charakter gilt das Hauptaugenmerk, welche durch seine äußerliche Metamorphose und vor allem seine ständigen Monologe vorangetrieben wird. Und es sind wirklich ein paar großartige One-Liner darunter. Eigentlich ist es eine relativ simpel gestrickte Geschichte, die aber durch die komplexe Erzählstruktur künstlich aufgebläht wirkt und in den zahlreichen Zwischensequenzen keinen richtigen Fluss aufkommen lassen will. Das liegt wohl auch daran, dass kein anderer Charakter außer dem Hauptprotagonisten wirklich entwickelt oder herausgearbeitet wird und somit verkommen sie am Ende zu bloßen Klischees. Auch finde ich die Sequenzen teilweise extrem überproduziert: Grafikfilter, Split Screens, Weitwinkel, Close Up, etc. Es ist einfach zu viel des guten und ist letztlich nicht mehr wie ein Gimmick.

In bestimmten Situation wird die Bullet Time automatisch aktiviert.

 

Run & Gun oder Covershooter?


Aprops Gimmick. Natürlich hat es Max Trademark, die Bullet Time, wieder ins Spiel geschafft. Auf Knopfdruck verlangsamt ihr die Zeit um so, den sonst überwältigenden, Mobs an Feinden Herr zu werden. Ihr seit stets zahlenmässig deutlich unterlegen und seht euch einer ziemlich aggressiven KI gegenüberstehen. Doch das gewohnte und durch Bullet Time und Shootdodge, eine Art Zeitlupensprung, ermutigende Run & Gun Gameplay der früheren Teile kommt oft an seine Grenzen. Schuld daran ist die Implementierung eines Deckungsystems, von dem auch eure Gegner rege Gebrauch machen und so kommt es nicht selten vor, dass ihr per Shootdodge losspringt um einen coolen Kill auszuführen, doch euer Gegenüber einfach in der Deckung verharrt bis ihr auf den Boden der Tatsachen landet um euch dann mit Kugeln zu durchsieben. Übrigens gibt es kein selbstregenerierendes Gesundheitssystem, sondern ihr müsst in kritischen Situationen Gebrauch von Painkillern machen. Das macht zwar storylinemässig Sinn, aber nimmt halt auch etwas vom Spielgefühl. Ich meine, das Spiel vermittelt dir folgendes: Hier ist die Bullet Time, nimm dir zwei geile Knarren in beide Hände, mach ein paar coole Kills und hab Spaß! Aber immer wieder verkommt dieses Prinzip zur reinen Deckungsschlacht, da ihr oft an teilweise unfairen, teilweise nervenden Trial & Error-Passagen hängen bleibt. Auch die Checkpoints sind nicht kohärent optimal plaziert.

Oft wird man gezwungen defensiver zu agieren.

Repetitives Gameplay


Natürlich ist bei einem Shooter, wie Max Payne 3 einer ist, naturgemäß das Gameplay äußerst repetitiv. Es geht nun mal ihn erster Linie darum, die bösen Buben möglichst stilvoll ins Jenseits zu befördern. Aber man hätte schon die ein oder andere Gameplayauffrischung in den Verlauf, der ca. 12 bis 15 Stunden dauernden linearen Kampagne einbauen können um die Motivation aufrecht zu erhalten. Selbst die hier und da eingestreuten Bullet Time-Setpieces und Rail Shooter-Passagen können daran nichts ändern. Es gibt zwar einen Arcademodus, sammelbare Objekte, eine Highscore-Liste und diverse Herrausforderungen, sogenannte Grinds, à la „Töte so und so viele Gegner per Headshot, per Shootdodge, mit der und der Waffe, etc.“ , aber ich persönlich verspürte nach den Credits keine Lust auf einen zweiten Durchgang. Dafür ist das Gameplay einfach zu inkonsistent. Manchmal entwickelt man zeitweise einen richtigen Flow und wenn alles zusammen kommt macht Max Payne 3 auch richtig Laune, aber man erreicht alsbald wieder einen Punkt, wo man wieder äußerst genervt wird und seine Spieltaktik ernsthaft überdenken muss. Es ist zB. durchaus möglich, dass ihr eine Zweihandwaffe mit vollen Magazin mit euch führt, ihr diese dann in einer Zwischensequenz verliert und dann ein Scharmützel mit zahlreichen Gegnern ohne Munition in der Standardwaffe beginnen müsst. Ihr könnt zwar Feinde entwaffnen, aber dafür müsst ihr aus der Deckung und die Anderen treffen immer! So als wenn ihr einen Magneten im Arsch hättet! Wegen solcher Situationen fühlt sich das Spiel altbacken und unmodern an. Es ist Old School-Gaming im negativen Sinn.

Einer für alle. Und alle gegen Max.
 

High Production Value


Die Präsentation allerdings, ist auf dem allerneusten Stand und, wie man es von einem Rockstar Produkt erwartet, auf allerhöchstem Niveau. Die Charakteranimationen sind erstklassig, technisch einwandfrei, und die Umgebungsgrafik authentisch und detailiert. Man muss schon übergenau hinsehen um hier und da etwas Clipping und matschige Texturen zu erkennen. Besonders spektakulär sind die Kill Cams, die stets beim letzten Kill eines Schusswechsels zum Einsatz kommen. Hier sieht man explizite Einschussstellen, Austrittswunden und die rote Soße spritzt hektoliterweise. Das ist anfangs extrem episch, nutzt sich aber im Verlauf etwas ab. Ein Lob muss man auch den englischen bzw. portugiesischen Sprechern machen: Sie vermitteln unglaubliche Glaubhaftigkeit und tragen so zur stimmigen Atmosphäre bei.


Multiplayer


Wem der Singleplayer nicht ausreicht, bekommt auch hier wieder den heutzutage obligatorischen Multiplayermodus als Kaufargument mitgeliefert. Diesen kann man, oberflächlich betrachtet, schon mit den vorhergegangen Rockstar-Spielen, wie Read Dead Redemption und GTA IV, vergleichen. Das Feature hierbei ist die Bullet Time, welche auch in Mehrspieler-Matches zur Anwendung kommt. Es ist halt mehr ein hektisch, chaotischer Zeitvertreib als ein ausbalancierter und methodischer. Die durchaus abwechslungsreichen Spielmodi umfassen das normale Death- bzw. Team-Deathmatch, den Gang Wars und Payne-Killer Modus und sind in ihrer Aufmachung durchaus solide. Ich persönlich, sehe mich hier nicht überaus langfristig motiviert und werde dieses Thema wohl nach ein paar Matches mit einigen Freunden zeitnah abhaken. Es ist halt, wie so oft, Geschmackssache. Es trifft nicht meinen Nerv, obwohl es, objektiv gesehen, nicht schlecht umgesetzt wurde.


FAZIT


Das erste Max Payne Spiel in neun Jahren und man kommt nicht herum sich einzugestehen, dass das Genre, wie auch die gesamte Industrie sich doch weiterentwickelt hat. Rockstar erfindet die Serie nicht neu, schafft aber dennoch nicht das Spiel ganz getreu seinen Wurzeln nach wiederzubeleben. Das neue Setting kann nach einer Gewöhnungsphase punkten und die Aufmachung, trotz der überambitionierten Struktur, weiß zu gefallen. Schwächen in der Story werden durch den gut gezeichneten Charakter der Hauptfigur ausgeglichen. Die größten Negativpunkte sind leider im Gameplay zu finden, da sich teils hervorragende Abschnitte leider immer mit nervigen Trial & Error Passagen abwechseln. Der Multiplayer ist erstaunlich solide, kann das Paket aber nicht aufwerten. Was am Ende übrig bleibt, ist ein sehr ambitioniertes Projekt, das zwar mit AAA-Produktionsaufwand umgesetzt wurde, aber wohl einfach ein paar Jahre zu spät erschienen ist. Kann man mit Max Payne 3 Spaß haben? Ja natürlich, aber man sollte etwas Geduld und einen Faible für Old School-Gaming mitbringen.

Wertung: 6/10


Titel: Max Payne 3
Jahr: 2012
Developer: Rockstar Games
Getestete Version: Xbox 360 (AT)




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